Frau fotografiert mit Smartphone Bild im Museum ab

BGH entscheidet über Schutz von Fotos gemeinfreier Werke

Fotos genießen in Deutschland sehr weiten Schutz – sie sind als Lichtbildwerke oder Lichtbilder geschützt, egal ob sie künstlerisch wertvoll oder reine Schnappschüsse sind. Aber sind auch Fotografien schützenswert, die nichts weiter tun, als inzwischen gemeinfreie, also nicht mehr urheberrechtlich geschützte, Werke, wie Gemälde abzubilden? Damit musste sich kürzlich der Bundesgerichtshof beschäftigen. Heute wurde nun seine Entscheidung publik gemacht. Aber im Einzelnen:

Was ist der Hintergrund der Entscheidung?

Ein Wikipedia-Nutzer hatte in dem zentralen Medienarchiv „Wikimedia Commons“ Fotos veröffentlicht, auf denen Gemälde aus der Ausstellung der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim zu sehen waren. Die Fotos von den Werken hatte er bei einem Besuch der Ausstellung aufgenommen.

In dem Museum selbst ist aber das Fotografieren ohne Genehmigung laut der Besucherordnung ausdrücklich untersagt. Zudem scannte der Wikipedia-Nutzer Fotografien der Gemälde aus einem Museumskatalog und lud diese anschließend auf Wikimedia Commons hoch. Ursprünglich wurden die gescannten Gemäldefotografien von dem damaligen Hausfotografen des Museums angefertigt.

Der Knackpunkt

Sämtliche auf den Fotos und Scans zu sehenden Gemälde sind gemeinfrei. Sie genießen keinen urheberrechtlichen Schutz. Die Urheber der Werke sind bereits mehr als 70 Jahren tot, wodurch der Urheberrechtsschutz nach § 64 UrhG entfällt.  Dennoch beklagt das Museum die Missachtung von Urheberrechten.

Museum klagte auf Unterlassung

Die Museumsleitung sieht hier eine Missachtung des Urheberrechts und begründete die Klage wie folgt:

Durch die Veröffentlichung der eingescannten Fotos aus dem Museumskatalog sei das Urheberrecht an den Fotos verletzt. Auch wenn auf den Fotos gemeinfreie Werke abgebildet seien, genießen die Bilder als sogenannte Reproduktionsfotografien selbstständigen urheberrechtlichen Schutz. Bezüglich der abfotografierten Gemälde werde das Museum in ihrem Eigentums- und Hausrecht verletzt.

Der Museumsbesucher argumentierte hingegen, dass der Gesetzgeber den urheberrechtlichen Schutz nicht ohne Grund auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers beschränkt habe. Dann nämlich sollen die Werke der Allgemeinheit zur Verfügung stehen. Es wäre widersprüchlich, wenn man diese zeitliche Begrenzung durch eine bloße Reproduktionsfotografie praktisch unbegrenzt verlängern könne. Auch haben das Abfotografieren der Gemälde und die anschließende Veröffentlichung der Fotos nicht gegen das Eigentumsrecht verstoßen.

Betrachtet man den Fall nun genauer, stellen sich zwei interessante Rechtsfragen in den Fokus: Genießt eine reine Reproduktionsfotografie – also eine Fotografie, die das Originalwerk so genau wie möglich abbilden soll – auch dann urheberrechtlichen Schutz, wenn das reproduzierte Werk bereits gemeinfrei ist? Und: hat die Gemeinfreiheit eines Werkes Auswirkungen auf das Eigentumsrecht an dem Werk selbst?

Vorinstanzen entschieden zugunsten des Museums

Sowohl das Stuttgarter Landgericht als auch das Oberlandesgericht stimmten den Museumsbetreibern zu. Die Hauptargumente waren, dass die herausgescannten Fotos als „Reproduktionsfotografien“ zumindest Lichtbilder im Sinne des § 72 UrhG seien. Damit genießen sie – wenn auch eingeschränkten – urheberrechtlichen Schutz.

Bereits „Knips- oder Allerweltsfotos“ seien vom Lichtbildschutz erfasst, dann könne nichts anderes für aufwendig hergestellte Reproduktionsfotografien gelten. Auch sei zu berücksichtigen, dass zwischen gemeinfreiem Originalwerk und dessen Reproduktion zu unterscheiden sei. Dies seien separate Werke mit jeweils unterschiedlichen rechtlichen Schicksalen.

Hinsichtlich der abfotografierten Gemälde konnte ein Unterlassungsanspruch nicht auf das Urheberrecht gestützt werden, denn die Gemälde waren gemeinfrei. Die Gerichte begründeten den Unterlassungsanspruch daher folgendermaßen:

Zum einen ergebe sich ein Unterlassungsanspruch aus dem Eigentums- und Hausrecht. Das Eigentum an Kunstwerken werde bereits dann verletzt, wenn sie fotografiert würden. Zum anderen bestehe auch ein vertraglicher Unterlassungsanspruch. Denn mit der Bezahlung des Eintrittsgeldes und dem Betreten der Museumsräumlichkeiten sei ein Besichtigungsvertrag entstanden, in dem auch die allgemeinen Geschäftsbedingungen in Form der Besucherordnung mit einbezogen wurden.

In der Besucherordnung heißt es, dass das Fotografieren nicht erlaubt ist. Dies wurde auch durch mehrere Schilder mit durchgestrichenen Kameras im Museum verdeutlicht.

Hammer als Symbol für Urteil

BGH folgt mit dem aktuellen Urteil der Meinung der Vorinstanzen

Besucher dürfen keine Bildreproduktionen von Gemälden im Museum anfertigen und diese ins Internet stellen, wenn das Museum ein generelles Fotografierverbot in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgeschrieben hat. So entschied heute der Bundesgerichtshof im Falle des Wikipedia-Nutzers aus Mannheim.

"Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse, ein solches Verbot auszusprechen. Das Interesse besteht darin, die ausgestellten Kunstwerke zu schützen und die störungsfreie Durchführung von Ausstellungen sicherzustellen."

Im Falle des Wikipedia-Nutzers aus Mannheim waren zwar die abfotografierten Gemälde gemeinfrei, dennoch hätte dieser laut dem BGH die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Museums beachten müssen.

Laut dem I. Zivilsenats verstieß der Mann zudem mit dem Scannen der Fotografien und dem Hochladen der Scans auf Wikipedia gegen das Urheberrecht.

Inhaber der Veröffentlichungsrechte ist das Museum, dem diese von dem Fotografen übertragen wurden. Die Fotografie eines Gemäldes genießt Lichtbildschutz nach § 72 Abs. 1 UrhG. Bei ihrer Anfertigung hat der Fotograf Entscheidungen über eine Reihe von gestalterischen Umständen zu treffen, zu denen Standort, Entfernung, Blickwinkel, Belichtung und Ausschnitt der Aufnahme zählen. Deshalb erreichen solche Fotografien regelmäßig – so auch im aktuellen Streitfall – das für den Schutz nach § 72 Abs. 1 UrhG erforderliche Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung.

COPYTRACK begrüßt die Entscheidung

Die Entscheidung klärt höchstrichterlich eine länger umstrittene Frage, nämlich die Schutzfähigkeit von Reproduktionsfotografie. Verschiedene Instanzgerichte hatten sich mit unterschiedlicher Bewertung der Rechtslage dazu geäußert, sodass die Entscheidung des BGH für Rechtssicherheit sorgt.

Durch den Schutz von Reproduktionsfotografie wird auch nicht das Urheberrecht unzulässig verlängert, weil nicht das Urheberrecht des Malers neu auflebt, sondern ein eigener Schutz an der Reproduktionsfotografie entsteht, der nicht dem Maler, sondern dem Fotografen zusteht. Wer sich schon einmal an Reproduktionsfotografie versucht hat, weiß auch, dass diese nicht trivial das ursprüngliche Werk abbildet. Vielmehr muss auf Farbgenauigkeit, richtige Ausleuchtung und unverzerrte Wiedergabe geachtet werden. Dies erfordert Handwerkskunst und -werkzeug und die daraus folgende Leistung muss geschützt sein.

"Letztendlich kann es für den Urheber- oder Leistungsschutz nicht darauf ankommen, ob man ein urheberrechtlich geschütztes, ein ehemals urheberrechtlich geschütztes oder ein gänzlich ungeschütztes Objekt abbildet, sondern ob eine persönliche geistige Leistung bei der Erstellung der Fotografie notwendig ist. Sind Fotos von Bäumen, Hunden, Menschen oder Suppendosen geschützt, spricht nichts dafür, denselben Schutz Fotos gemeinfreier Werke abzusprechen. Der BGH hat dies nun klargestellt und Handwerksfotografen den Rücken gestärkt. Das ist begrüßenswert und wichtig."

Geschrieben von Florian Moritz

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